LGA Vergessene Welten

Vergessene Welten

Peter Budig

Bushaltestellen, Waldhütten, Beobachtungstürme beim Bund: Ein lohnendes regelmäßiges Prüfgeschäft

„Wir sind nicht durch Zufall über 150 Jahre alt geworden, nein, uns hält man so schnell nicht auf.“ Der Satz stammt von Guido Benecke, LGA-Bauingenieur aus „dem Norden“ (Hannover), der zurzeit in Bayern mit einem Wohnmobil unterwegs ist und vor allem kleinere „versteckte“ Brücken begutachtet und prüft. Sein Kommentar zum Lockdown: „Fürs Prüfen ist das eigentlich positiv. Man stört niemanden und wird nicht gestört“.

Deutschlands Sicherheit fußt zu einem Gutteil auf seinen Prüfvorschriften. Die nehmen auch solche unscheinbaren Bauwerke wie Bushaltestellen, Förster- und Waldarbeiterhütten, kleine abgelegene Brücken oder Beobachtungstürme, die die Bundeswehr nutzt, um bei Schieß- und Manöverübungen den Überblick zu wahren, nicht aus. Alles wird geprüft. „Wir mögen diese Aufträge“, sagt LGA-Bauingenieur Sven Homburg lächelnd. „Sie sind überschaubar, es entstehen keine Fremdkosten, man muss den Verkehr nicht einschränken, wir können fast alles allein erledigen und es ist ein gutes Geschäft.“ Wer jetzt selbst ein bisschen ins Zweifeln gerät, könnte einfach einmal in der Google Bildersuche „Bushäuschen“ eingeben. Die Vielfalt vom alten abgerockten Betonbau bis zur modernen Glas-Stahlkonstruktion liefert Aufschluss über ein vielfältiges Prüfgeschehen.

VIELSEITIGE PRÜFAUFGABEN UND -ZYKLEN

Die Vorschriften fürs Prüfen und die Prüfzyklen sind dabei fast so vielfältig wie die Prüfobjekte selbst: Einzelheiten sind in der „Bauwerksprüfung nach DIN 1076“ festgehalten, einer gut 60-seitigen Dokumentation des Bundesministeriums für Verkehr. Die Verantwortung tragen Länder und Kommunen, allgemein „ist der Anteil der Fremdvergaben in den letzten Jahren gestiegen“, hält das Papier fest. Masten und Türme beispielsweise müssen jährlich begutachtet werden. Die DIN 1076 regelt auch den Zugang zum Bauwerk: „Die ungehinderte Erreichbarkeit der Brücke und ihrer Teile muss jederzeit möglich … sein. Dazu sind erforderlichenfalls Zufahrtswege zu den Flächen unter der Brücke, Aufstellflächen für Fahrzeuge und Geräte sowie Zugangswege, Böschungstreppen und Bermen anzulegen“, heißt es im Text. Für Guido Benecke bedeutet das in der Praxis, öfter ein Schlauchboot mitzuführen, um unterhalb kleinerer Brücken begutachten zu können. Die Beobachtungstürme an Flughäfen werden ebenfalls jährlich begutachtet. „Bei Bushäuschen“, so Sven Homburg, „werden Prüfintervalle je nach Zustand festgelegt“. Die Regel für fast alle Bauwerke ist die jährliche Begutachtung, alle drei Jahre eine „einfache Prüfung“ und alle sechs Jahre die gründliche „Hauptprüfung“.

NACH OSTERN BEGINNT DIE PRÜFZEIT FÜR DIE „VERGESSENEN BAUWERKE“

Nach Ostern beginnt die Saison für „vergessene Bauwerke“. „Im Lauf der Berufsjahre sieht man ‚seine Bauwerke‘ immer wieder“, erzählt Homburg. Guido Beneckes selbstverfasster Arbeitsplan für die ersten 30 Tage nach Ostern zeigt, dass Auftragsbücher für diese kleineren Prüfungen gut gefüllt sind: Zwei Sporthallen, eine Holzbrücke mit Sicherungsmaßnahmen (Sicherungsgeschirr und Boot), 71 Brückenbauwerke; vier Autobahnbrücken stehen auf dem Plan, die Aufgaben lauten: Erstellen von Bauwerksdokumentationen, Materialuntersuchungen, Objektbezogene Schadensanalysen (OSA), Prüfungen nach VDI6200, Installation von Monitoringsystemen zur Bauwerksüberwachung. „Die Auftragslage brummt“, schätzt Benecke auch die Zukunft dieser Prüfungen trotz der Einschränkungen optimistisch ein.

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