LGA Mit Wellpappe an die Weltspitze

Mit Wellpappe an die Weltspitze

Peter Budig

BHS CORRUGATED HAT SICH MIT SEINEM NEUEN ALLZWECKGEBÄUDE EIN DENKMAL GESETZT

Die Ortschaft Weiherhammer, gut 100 Kilometer östlich von Nürnberg nahe bei Weiden gelegen, hat kaum 4000 Einwohner. Doch mit dem Maschinenbau-Unternehmen BHS Corrugated (corrugated heißt auf Englisch „gewellt“) verfügt der oberpfälzische Ort über den Weltmarktführer in der Herstellung von Maschinen, die Wellpappe produzieren. Das vielseitige Verpackungsmaterial boomt in Zeiten des florierenden Welthandels und des Siegeszugs von Versandhändlern wie Amazon. Jeder zweite Wellpappenkarton weltweit wird auf einer Wellpappenanlage hergestellt, die BHS Corrugated produziert hat. Im September 2017 feierte die Firma, die einst als Hüttenwerk begann und Munitionsguss herstellte, ihr 300-jähriges Bestehen. Pünktlich zu den Feierlichkeiten wurde die neue Firmenzentrale fertig – ein Gebäude, das wahrhaft und sichtbar Zeichen setzt.

WELLPAPPEN-ÄSTHETIK FÜR LIFECYCLE GEBÄUDE

Am auffälligsten ist sicher die geschwungene Fassade. Dabei wurde die Form der Wellpappe als weithin sichtbare Front-Ästhetik umgesetzt. Die geschwungene Form der gebänderten Fassade symbolisiert die Sinuswelle der Zwischenschicht der Wellpappe. „Munter mäandert in üppigen Formen – in Beton-Glas und Stahl – das Neubauprojekt. Die neue Firmenzentrale nennt sich „Lifecycle Building“. Es schlägt eine fiktive „Brücke“ zur integrierten Montagehalle (Arbeit) und eine reale Brücke zum Restaurant nach dem Motto „Genuss gehört zum Arbeitsleben“. Die architektonische Ästhetik koaliert mit höchster wirtschaftlicher Effizienz: „… bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl wächst die Fertigungsfläche von 2600 auf 4800 Quadratmeter“, heißt es in einer Veröffentlichung des Unternehmens. So prägnant und ästhetisch ausgefallen das am Ende 65 Millionen teure Zentrum nach der Fertigstellung wirkt, so komplex war die Aufgabe für den Tragwerksprüfer der LGA in Regensburg. „Das Gebäude vereint die Aufgabenbereiche Verwaltung/Management und Produktion. Die große Montagehalle ist zweischiffig, eine Glasfront trennt die Herstellung vom Bürotrakt“, so beschreibt Carsten Liebscher-Rödl, der mit dem Auftrag betraute Prüfstatiker, das bauliche Konzept. Gemeinsam mit dem Kollegen Roland Brösel, der die Stahlhalle prüfte, hatte er einige knifflige Probleme zu lösen. Zum Gebäude gehören auch zwei Restaurants sowie ein Fitnessbereich, insgesamt 23.500 Quadratmeter.

Das Bauwerk hat bei der statischen Berechnung erhebliche Probleme bereitet. Die vielen gekrümmten Formen geben wenig Achsbezug her, was das Prüfen sehr erschwert hat“, erinnert sich Liebscher-Rödl an knifflige Aufgaben. Und es gab Schwierigkeiten, die durch das architektonische Konzept entstanden waren: „Aufgrund dieser Formgebung verschieben sich die Stützenstellungen und die Stützen in den verschiedenen Geschossen stehen nicht übereinander. Zur Aufnahme der Stützenlasten waren hochbewehrte Stahlbetonunterzüge, Verbundträger und vorgespannte Träger notwendig. „Im zentralen Eingangsbereich entfallen im Erdgeschoss sechs Hauptstützen und werden über Dachträger auf die Treppenhäuser abgetragen. Auf der Südostseite werden alle Stützen im Erdgeschoss über zwei morphe Rahmen abgefangen. Zur Lasteinleitung der Stützen in die morphen Rahmen waren weiterhin Sonderkonstruktionen aus Stahl und Stahlbeton notwendig“, schrieb Liebscher in seinen Abschlussbericht. Und dann kam ein Aspekt hinzu, der den Prüfern große Kreativität abverlangte, um eine Lösung zu finden: „Das ganze Gebäude steht auf Altlasten. Ein normales Fundament war nicht möglich, eine Sondergründung erforderlich.“ Hier war der Prüfer als Berater und Experte gefragt: „Mithilfe des Kollegen Dr. Bernd Müllner, Spezialist für Grundbau, haben wir verschiedene Sanierungsvorschläge erarbeitet, nachdem sich bei der Bauüberwachung Mängel in der Herstellung der Spezialgründung aufgezeigt hatten. Am Ende musste während der Bauphase mit Mitteldruckinjektionen eingegriffen werden, um Hohlräume zu verdichten“, erläutert Carsten Liebscher-Rödl nur die wesentlichsten Schwierigkeiten dieser Prüfung. All dies geschah unter enormem Zeitdruck, denn die Eröffnung – Baubeginn war 2015 – sollte unbedingt zum Jahrestag im September erfolgen. Dann kam der große Tag, der 24. September 2017 und die Lokalpresse notierte aufgeregt: „Ganz Weiherhammer stand am Sonntag im Zeichen des 300-jährigen Firmenjubiläums der BHS Corrugated und dem Tag der offenen Tür. Mehr als 11.000 Personen besuchten an diesem Tag die neue Firmenzentrale von BHS Corrugated.“

DAS IST BHS CORRUGATED

Mit einem weltweiten Marktanteil von rund 50 Prozent ist BHS Corrugated Marktführer in der Produktion von Riffelwalzen, Wellpappenanlagen und deren Einzelaggregaten. Kunden von BHS Corrugated produzieren Wellpappe für unterschiedliche Branchen: von der Lebensmittelindustrie über Automotive und Konsumgüter bis hin zu reinen Versand- und Verpackungsunternehmen. BHS Corrugated beschäftigt weltweit ca. 1900 Angestellte, rund 900 davon am Hauptsitz des Unternehmens in Weiherhammer sowie in mehr als 20 Ländern. Immer mehr wandelt sich der Maschinenbauer vom reinen Anlagenhersteller zum digitalen Servicepartner. Ein Drittel der Belegschaft ist ständig beim Kunden und betreut Wellpappenanlagen, die mit dem System in Weiherhammer vernetzt sind. Die Unternehmensführung obliegt heute den beiden Söhnen von Paul Engel, Christian Engel als Sprecher der Geschäftsführung und Lars Engel als Verantwortlichen für den Vertrieb. Für den Geschäftsbereich Technik trägt Norbert Städele die Verantwortung.

KLEINER HISTORISCHER ABRISS

1717

Herzog Theodor Eustach (Pfalz-Sulzbach) gründet ein Hüttenwerk in Weiherhammer. Es befasste sich mit dem Munitionsguss für das Kaiserliche Zeughaus in Wien.

1927

Die Firma BHS (Bayerische Berg-, Hütten-und Salzwerke AG) wird gegründet. Der Freistaat Bayern bringt dadurch Regiebetriebe, die bisher als Ämter geführt wurden, gegen Ausgabe von Aktien in die neue Gesellschaft ein.

1960

Das Entstehungsjahr der BHS, so wie sie noch heute aufgestellt ist: Der BHS-Vertriebsleiter Paul Engel schlägt vor, in die Entwicklung von Maschinen für die Wellpappenerzeugung zu investieren. Niemand ahnt, dass dieser Produktionsbereich bald einen Spitzenplatz in der weltweiten Wellpappenerzeugung einnehmen wird.

1969

Der Anteil der Herstellung von Wellpappenmaschinen in der Maschinenfabrik beläuft sich auf 80 Prozent der Produktion.

1993

Der ausgegliederte Wellpappenbetrieb geht an die neuen Eigentümer Paul Engel und Edmund Bradatsch über. Das Unternehmen verfügt zu diesem Zeitpunkt über einen Personalstamm von 330 Mitarbeitern. Die neue „BHS Corrugated“ erlebt einen rasanten Aufstieg und sichert sich schnell einen Spitzenplatz als Entwickler und Konstrukteur von Wellpappenanlagen.

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