LGA Wir haben verkauft

Wir haben verkauft

Peter Budig

Nach dem Krieg, Nürnberg lag in Trümmern, begann eine stürmische Aufwärtsentwicklung der LGA. 1960 beschäftigten die Prüfämter für Baustatik bereits 80 Mitarbeiter. 1955 wurde das Grundbauinstitut ins Leben gerufen, es entwickelte sich rasch zu einer der größten Abteilungen innerhalb der LGA. Für das hauseigene Rechenzentrum wurde 1962 ein „ZUSE 23“, eine Erfindung des deutschen Baingenieurs Konrad Zuse, angeschafft.

Dann „entdeckte“ die LGA die Warenprüfung für sich. „Es war die Zeit, in der LGA Spezialisten der ersten Stunde wie Dr. Kluy und Kurt Winning den Ausdruck Gebrauchstauglichkeit definiert haben und in die Normungsarbeit einführten“, heißt es 50 Jahre später. Die ersten Großaufträge kamen von der Quelle, ein Tauchsieder war das erste geprüfte Produkt. Ein Marketingargument: Was die Hausfrau vorher nicht in Augenschein nehmen konnte – der Inhalt des Quelle-Pakets – das hatte die LGA zuvor auf Herz und Nieren untersucht. Bald war die LGA auf anderen Gebieten erfolgreich, für Möbel, Spielwaren sogar führend. Bei der Gründung der „Stiftung Warentest“ als Prüforganisation für den Verbraucher – ein Herzensanliegen des damaligen Kanzlers Ludwig Erhard – war die LGA beteiligt. Aus dem Gewerbemuseum hatte sich ein erfolgreicher Allesprüfer entwickelt.

WAS WURDE AUS DER SCHAUSTÜCKSAMMLUNG?

Die Keimzelle des Unternehmens war die Schaustücksammlung des Gewerbemuseums. In den frühen 2000er Jahren hat die LGA sie an den Freistaat Bayern verkauft. Die Sammlung ist als Ganzes zusammengeblieben und wurde dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg als Dauerleihgabe überreicht. Für den Herbst 2019 plant die Leiterin der Sammlung, Dr. Silvia Glaser, eine Sonderausstellung.

Bild rechts: Rittersaal im Germanischen Nationalmuseum, errichtet 1902, Ausstellungsraum der Sammlung der Landesgewerbeanstalt Bayern.

In den 80er Jahren war – wieder einmal – alles zu eng geworden. Der Umzug der verstreuten Nürnberger Standorte an einen großen Prüf- und Arbeitsplatz in der Tillystraße markierte eine Zäsur. 1995 wurde der Neubau eingeweiht. Doch der Gesamtpreis des Neubaus war deutlich höher als erwartet, die Zinsen stiegen, die Baubranche erlebte einen Rückgang. Die LGA geriet in finanzielle Schieflage. Ab Mitte der 90er wurde verhandelt und beratschlagt. Die Ergebnisse: Eine Reform der Satzung hin zum öffentlichen Unternehmen, später folgten Management-Buyouts und erfolgreiche Ausgründungen. Bis 2003 wurden einzelne Geschäftsbereiche in eigenständige Gesellschaften überführt; darunter die LGA Bautechnik GmbH, die LGA QualiTest GmbH, die LGA Training & Consulting GmbH und die LGA Fachschulen gGmbH. Andere verblieben in der Körperschaft, darunter die Prüfstatik, die Innovationsberatung und das Materialprüfungsamt. Die Konzernstruktur war nun eine Zweiteilung aus der LGA KdöR und der LGA Beteiligungs GmbH als Zwischenholding. Für diese Zwischenholding wurde auf dem freien Markt ein Investor gesucht. Nach intensiven Verhandlungsrunden gaben drei Investoren notariell beurkundete Angebote ab. Der damalige Aufsichtsrat mit Dr. Thomas Diehl an der Spitze traf seine Entscheidung. Besonders dessen Rat und Verhandlungsgeschick war gesucht und nicht wenige Beobachter sagen: entscheidend. Das Bayerische Wirtschaftsministerium unter der Leitung von Otto Wiesheu stimmte zu. Seit dem 28.

Juni 2005 ist die TÜV Rheinland Holding AG Partner der LGA. In den folgenden Jahren wurden die Gesellschaften zügig in die TÜV Rheinland Group integriert. Seit 2007 ist die LGA Beteiligungs GmbH ganz in der Verantwortung der TÜV Rheinland Holding AG angelangt. Die alte LGA entwickelte sich aus den früheren Bereichen Prüfstatik, Innovationsberatung und Materialprüfungsamt neu, verblieben in der Verantwortung der Körperschaft. Sie ist als eigenständiges Unternehmen am Standort Tillystraße und an den sieben Zweigstellen mit ihren Außenstellen erhalten geblieben. „Wir wurden nicht verkauft, wir haben verkauft“, lautet die Zusammenfassung der Ereignisse jener Jahre, wie die beiden heutigen Vorstände, Thomas Weierganz und Hans-Peter Trinkl, einhellig betonen. Als Ingenieur- und Prüfdienstleister der Baubranche ist die LGA heute bestens aufgestellt. „Geblieben ist Nürnberg und Bayern eine sehr hübsche, wunderbar jung gebliebene alte Dame. Gut 280 Mitarbeiter arbeiten in Nürnberg und den bayerischen Zweig- und Außenstellen bei der Landesgewerbeanstalt Bayern und in den Niederlassungen Hannover und Leipzig. Ihr wichtigster Arbeitsbereich ist die Prüfstatik. Die statische Sicherheit von Gebäuden, Brücken, Fliegenden Bauten und U-Bahn-Tunnel nach dem Vier-Augen-Prinzip zu gewährleisten, ist das Stammgeschäft. Zunehmend ist jedoch die Expertise der erfahrenen Ingenieure als Berater gefragt und oft kann man beides nicht voneinander trennen.“

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