LGA Wir laufen damit Sie nicht ins rutschen kommen

Wir laufen damit Sie nicht ins rutschen kommen

Peter Budig

Täglich gehen und stehen wir auf den verschiedensten Untergründen. Am liebsten natürlich in der Natur auf der Wiese oder mit nackten Füßen am Sandstrand, aber in der Wirklichkeit sind es größtenteils künstlich hergestellte Bodenbeläge oder natürliche Materialien, die nachbearbeitet wurden, auf denen wir uns aufhalten. Als Verbraucher zählt hier in erster Linie die Optik. Passt der Farbton der Terrassendiele zum Hausanstrich oder harmoniert die Bodenfliese im Badezimmer mit den Wandfarben?

Wir vom „Bautechnischen Prüflabor“ der LGA haben ein ganz anderes Augenmerk, wenn bei uns Bodenbeläge zur Untersuchung vom Hersteller oder Verleger angeliefert werden. Für uns zählt rein die Sicherheit für den Verbraucher, die diese Produkte gewährleisten müssen. Die Deutsche gesetzliche Unfallversicherung macht hier klare Vorgaben für die verschiedenen Einsatzbereiche. So sammeln sich Laminatstücke, Terrassendielen, Glasplatten, Natursteinplatten, Metalloberflächen und sogar Duschwannen in einer Reihe zu prüfender Objekte. Wenn dann unter Kollegen die Frage aufkommt: „Laufen wir heute?“, wissen Kenner der Baustoffprüfung, dass hier keine Verabredung zum gemeinsamen Sport getroffen, sondern ein Termin für die Prüfung der Rutschhemmenden Eigenschaften nach DIN 51130 von Bodenbelägen vereinbart wird.

Die Prüfkörper werden in der Regel mit den Normmaßen 0,5 x 1,0 Meter angeliefert. Wird das Produkt auf dem Markt in kleineren Abmessungen verkauft, legen die Labormitarbeiter auch schon mal mehrere Pflastersteine aneinander, um die benötigte Fläche zu erhalten. Geprüft wird auf einer schiefen Ebene. Zu Beginn steht die Ebene horizontal, der Belag wird aufgelegt und mit 100 ml Öl gleichmäßig eingestrichen. Dies simuliert, wie man vermuten könnte, nicht den denkbar schlechtesten Fall einer Verschmutzung, sondern dient als konstanter Versuchsparameter, der eine bessere Differenzierung der Versuchsergebnisse ermöglicht. Geprüft wird immer im Team aus zwei Kollegen. Abwechselnd werden spezielle Schuhe angezogen, ähnlich den Sicherheitsschuhen, und ein Klettergeschirr angelegt. Damit wird der Kollege an einer Fangeinrichtung eingehakt, damit er im Falle des Ausrutschens nicht hinfällt. Wenn alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, wird im vorgegebenen Takt auf der Prüfoberfläche vor und zurückgelaufen, während die Fläche langsam an einer Seite hochgefahren wird. Der Moment, in dem sich der Prüfer unsicher fühlt oder gar ausrutscht, bedeutet gleichzeitig das Prüfende. An einer angebrachten Wasserwaage wird der erreichte Winkel abgelesen. Jetzt wird die Fläche wieder in die Ausgangssituation gebracht und das Ganze zweimal wiederholt.

Ein zweiter Prüfer wiederholt den ganzen Vorgang ebenfalls. Aus insgesamt sechs Gradablesungen wird nun die R-Klasse errechnet, die den geprüften Bodenbelag für den Einsatz in bestimmten Bereichen qualifiziert. Man könnte sich jetzt fragen, ob diese Prüfergebnisse nicht sehr subjektiv sind. Die Antwort von Laborleiterin Katharina Treiber: „Auf den ersten Blick vielleicht.“ Deswegen macht die Norm strenge Vorgaben bezüglich der Art des Öls, der Bezugsquelle der Prüfschuhe und selbst der „Faktor Mensch“ wird nahezu ausgeschlossen. Für jeden Läufer wird anhand von Referenzbelägen, die alle Prüfinstitute verpflichtend in exakt identischer Ausführung vorhalten, ein Korrekturwert ermittelt. So werden Unterschiede in Gewicht, Größe und Gangart minimiert. Darüber hinaus treffen sich in regelmäßigen Abständen Vertreter aller Anbieter dieser Prüfung in Deutschland und vergleichen ihre Ergebnisse an ein- und derselben Prüfplatte. Für die Hersteller kann die Ermittlung der R-Klasse oft entscheidend sein, um das Produkt auf dem Markt oder an verschiedenen Bauvorhaben zu etablieren. Auf diese Weise ist das Labor oft in den Entwicklungsprozess involviert. Der Hersteller entwickelt eine neue Oberflächenbehandlung, schickt ein Muster zur Prüfung und kann so gleich die Auswirkungen auf die rutschhemmenden Eigenschaften sehen. Aber auch bereits eingebaute Materialien werden im Streitfall wieder ausgebaut und zur Bestätigungsprüfung übergeben. Und wie war das mit der erwähnten Duschwanne? Auch in Duschwannen oder auf Fliesen, die in Nassbereichen verlegt werden, ist Ausrutschen unerwünscht. Hier wird, zur Freude der Labormitarbeiter, nicht mit Öl, sondern mit Wasser, Spülmittel und nackten Füßen geprüft. So sitzen die Kollegen auch gerne mal beim normgerechten Fußbad, um ihre Füße für die Prüfung vorzubereiten. Beim nächsten Gang über Schwimmbadfliesen oder auf glatt polierten Natursteinplatten, denken Sie an uns. Wir vom Bautechnischen Prüflabor sind darauf schon mal ordentlich ins Rutschen gekommen und haben die Grenzen getestet – für Ihre Sicherheit und Gesundheit.

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